Am 27. April 1945 wird der Norweger Wilfred Jensenius im Zuchthaus Brandenburg-Görden von der Roten Armee befreit. In einem Interview, das in der Göteborger Handels- und Seefahrtzeitung Ende 1945 erschien, beschreibt er diesen Moment: „Unten im Flur ertönt ein Schrei, der zu gewaltigem Jubel anschwillt – wir sind frei. Man weint in Strömen und jubelt um die Wette.“
Jensenius (1911-1999) gehörte zur Besatzung von zehn norwegischen Handelsschiffen, die seit dem deutschen Überfall auf Norwegen 1940 im schwedischen Göteborg festlagen. Er geriet im April 1942 in deutsche Gefangenschaft, als die Mannschaften dieser Schiffe einen Ausbruchversuch wagten. Auf Grundlage des später sogenannten „Nacht-und-Nebel-Erlasses“ vom 7. Dezember 1941 wurde er wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung“ verurteilt. Nach einer Odyssee durch verschiedene Zuchthäuser und Strafanstalten gelangte er schließlich im Juli 1944 in das Strafgefängnis Wolfenbüttel. Am 8. April 1945, drei Tage vor dessen Befreiung, wurde Jensenius wie alle anderen dort inhaftierten „Nacht-und Nebel“-Gefangenen auf Räumungstransport geschickt.
Im Strafgefängnis Wolfenbüttel saßen insgesamt über 700 Franzosen, Belgier, Niederländer oder Norweger ein, die aufgrund des „Nacht-und-Nebel-Erlasses“ verfolgt wurden. Die Nationalsozialisten warfen ihnen Widerstand vor und verschleppten sie nach Deutschland, wo sie von Sondergerichten und dem Volksgerichtshof unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgeurteilt wurden. Ihre Angehörigen wurden absichtlich nicht von ihrem Schicksal informiert, was der Abschreckung dienen sollte.
Literatur:
Göteborgs Handels- och Sjösartstidning vom 22. Dezember 1945
Weblink:
Nyheter fra London 29. mai 1945 >> http://www.nb.no/nbsok/nb/9fee2684fa2e033e48e06de5a5b8b089